Mit Band 611 Konvoi der Verlorenen wird Michael Edelbrock zum regelrechten Vielschreiber für die MADDRAX-Serie. Das freut mich natürlich sehr, da ich seine Geschichten seit seinem Einstieg vor etwa zehn Monaten sehr schätze. Sie zeichneten sich alle durch einen großartig recherchierten Plot aus und die vielen einzelnen Handlungsstränge, die zusammengeführt wurden. Ob Michael die hohe Qualität auch bei steigendem Output halten kann?
Die Geschichte um Matt, Tschoosch, Sisa und Thór und die Bencinero werde ich hier nicht zusammenfassen. Eine Zusammenfassung der Handlung wird es im MADDRAXIKON sicherlich irgendwann geben – oder auch nicht, wenn sich niemand findet, der sie schreibt. Denn aktuell bin ich dort wieder seit Tagen zusammen mit Halber Kapitel allein unterwegs. Schade, dass sich hier auch sonst weiterhin keine Leute finden, die mitmachen. Bestärkt mich aber in meiner Idee das MADDRAXIKON dann wenigstens hinter einer Art Paywall des Vereins zu verstecken und es nur noch für Mitglieder des OMXFCs zugänglich zu halten.
Die Charaktere in „Konvoi der Verlorenen“ sind komplex und gut ausgearbeitet. Ihre Beziehungen und Dialoge sind glaubwürdig und erzeugen eine starke Dynamik, die die Handlung vorantreibt. Matt und Tschoosch zeigen eine beeindruckende chemische Reaktion, und die zusätzlichen Charaktere in dieser Folge ergänzen das Ensemble perfekt. Rückblenden fügen Tiefe und Dunkelheit hinzu, indem sie schwierige Themen wie Missbrauch und Sklaverei behandeln. Elemente aus Vergangenheit und Gegenwart fließen nahtlos zusammen, was zu einer vielschichtigen Erzählung führt, die Themen wie Freiheit, Leid und Tod behandelt.
Michael Edelbrock schafft es, eine intensive Atmosphäre zu erzeugen, die von beklemmender Dunkelheit bis zu actiongeladenen Szenen reicht. Die anfängliche Flucht im Flugzeug, der Moskito-Angriff und der Überfall der Schlammmenschen bieten gut dosierte Action, die den Leser fesselt, ohne die Dialoge zu überschatten.
Als Matt am nächsten Morgen auf der dunklen Ladefläche aufwachte, erinnerte er sich an die Geschichte von Jonas im Walbauch. Irgendwie fühlte er mit der biblischen Figur.
Matt erinnert sich in Band 611 an Jonas im Walbauch, obwohl er selbst ganz ähnliche Erfahrungen machen musste
An dieser Stelle habe ich mich an Band 66 erinnert – im Gegensatz zu Matt. Aber darf man von den Autoren erwarten, dass sie ständig die komplette Vergangenheit von Matt auf dem Schirm haben? Vermutlich eher nicht. Nicht für 1,65€ pro eBook, denke ich. Der Stundenlohn eines Autors wird auch so schon gering genug sein, wenn ich da an die Gespräche mit Michael Edelbrock beim letzten Fantreffen. Da hat er erklärt, dass seine letzte Dilogie über 40 Arbeitsstunden für die Recherche „verbraucht“ hat. Ich weiß jetzt nicht wie hoch so ein Honorar für einen Zweiteiler ist, aber ich denke, dass das, auf die Arbeitsstunde runtergebrochen, keinen hohen Stundenlohn ergeben wird. Und nur durch die Recherche allein wurde ja noch kein Roman geschrieben – diese Zeit kommt dann wohl noch dazu. Aber Autoren machen das ja zum Glück aus Leidenschaft und nicht des Geldes wegen, richtig? 😉
Der Roman behandelt unter anderem das Thema Drogen und Sklaverei in der postapokalyptischen Welt von MADDRAX. Insbesondere die Darstellung der Befreiung der Arbeiter und Bencinero von den korrupten Führern und dem Giftanschlag mit Fungiziden ist eindrucksvoll und regt zum Nachdenken an. Einige Aspekte, wie die Wendung des Mobs gegen Matt, Tschoosch und Sisa, erscheinen jedoch weniger schlüssig.
Dieser Roman mit Michaels ruhigem, ausführlichen Erzählstil steht in starkem Kontrast zur schnellen, dynamischen Schreibweise des Vorgängerromans von Ian Rolf Hill. Und wenn ich es mir aussuchen könnte, wäre mir diese hier lieber, denn ich bin wohl ein Genussleser. Ich brauche keine schnellen Perspektivwechsel zwischen Afra, Meeraka und Amraka. Weniger Plot in einem Roman ist für mich mehr. Und MADDRAX war ja eigentlich von Anfang an als Serie mit Einzelromanen, die mit einem starken roten Faden zusammengehalten werden, konzipiert.
Schade finde ich, dass auch in diesem Roman kaum genauere Zeitangaben zu finden sind, die z. B. die Geschichte von Sisa im MADDRAXIKON nachvollziehbar machen. Da heißt es dann z. B. „Zu einer Zeit vor dreißig Jahren“ am Anfang eines Kapitels. Dann erfährt man im Kapitel selbst, dass Sisa da 12 Jahre jung war. Leider wissen wir aber längst nicht mehr in welchem Jahr die Gegenwartshandlung spielt. Sind wir wirklich noch im Jahr 2552? Seit die Serie nicht mehr in „Echtzeit“ läuft, ist das nicht mehr ganz so einfach zu beantworten.
Positiv erwähnen möchte ich auch noch das Cover. Sonst gehe ich hier nicht großartig darauf ein, weil das für mich immer Geschmacksache ist und ich persönlich die eigens für die Serie angefertigten Cover von Néstor Taylor bevorzuge. Aber für dieses Cover gibt unser Lieblingsredakteur Mad Mike Einblicke in die Entstehung des Gesamtwerks aus insgesamt 7 Einzelbildern von verschiedenen Künstlern aus dem Shutterstock-Fundus. Das war, gerade für mich als Photoshop Noob, sehr interessant und sogar lehrreich. Solche Werkstattberichte sind für mich meist sehr interessant, hatten sich aber in diesem Zyklus noch etwas rar gemacht. Dankeschön!
„Konvoi der Verlorenen“ ist eine starke Fortsetzung von Matts Reise, die trotz kleiner Schwächen mit glaubwürdigen Charakteren, eindringlicher Atmosphäre und gut balancierter Action überzeugt. Ich bewerte den Roman mit 4 von 5 Kometen und