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645 - Die Prüfung

Nach längerer Pause habe ich mal wieder Lust auf ausführliche Rezis bekommen und schreibe seit 644 wieder für phantastik-news. Das hier habe ich dort über die 645 mitzuteilen. 4 Kometen.

 

Aruula hat ihren telepathischen Lauschsinn verloren und muss zu den dreizehn Inseln reisen, ihrer Heimat. In einer postapokalyptisch gefluteten Welt werden die kläglichen Reste Dänemarks so genannt, archaische Stämme leben dort. Nur diese, so hofft die Barbarenkriegerin, können ihr noch helfen, diese überlebenswichtige Begabung wieder zu erlangen.

Als Gefährtin hat sie Haaley dabei, und auch wenn Aruulas Anliegen das Hintergrundrauschen des vorliegenden Romans bildet, so geht es doch eigentlich um sie, die Verrückte, Unberechenbare, gerissene Kämpferin, schambefreite Liebhaberin und seit nunmehr über drei Jahren und fast 100 Bänden Teil des Maddraxiversums. Ian Rolf Hill schuf sie zunächst als kleine Reminiszenz an Harley Quinn aus der Welt von DC, doch weil dieser extreme Charakter bei einem Teil der Leserschaft kometenhaft gut ankam, bei anderen eher kontrovers besprochen wurde, verselbstständigte sich Ewgenija Iwanowa schon bald und wurde nicht nur zu einer tragenden Säule der Serienhandlung, sondern auch zu einem der komplexesten, psychologisch ausgebufftesten Charaktere in der Geschichte des Groschenromans. In zahlreichen Bänden erzählte Hill in Rückblenden die Geschichte dieser jungen Frau, ihre von Mißbrauch gezeichnete Kindheit in Petersburg, ihren Weg in den Norden, die Genese ihrer Wahnhaftigkeit und Gewaltbereitschaft. Stets glaubhaft und packend.

Der viel beschäftige Autor, der schon vor geraumer Zeit angekündigt hat, bei Maddrax deutlich kürzer treten zu wollen, hinterlässt also mit Haaley ein reiches Erbe und nutzt „Die Prüfung“, um die letzte Etappe ihres Weges, über Hamburg in den Rupood (Ruhrgebiet), zu schildern, wo sie seinerzeit erstmals auftauchte. Dass er dabei nochmal in die Vollen geht und sein Talent für plastische Action und drastische Szenen voll ausreizt, war im Grunde erwartbar. Erfreulich ist es dennoch, denn Bastei legt mit dieser Episode einen prallen Unterhaltungsroman vor, der zwar etwas Hintergrundwissen erfordert, aber in keiner Sekunde langweilt. Die Schauplätze in Duisburg sind gut recherchiert und bieten noch ein bisschen Fanservice für die hiesigen Leserinnen und Leser. Ob diese nun goutieren, dass mit der letzten Rückschau in Haaleys Vergangenheit nicht nochmal ein komplett neues „Pott“-Kapitel aufgeschlagen wird, sondern bereits angerissene Handlungsstränge zu einem stimmigen Ende geführt werden, ist vermutlich individuell verschieden.

Und die titelgebende Prüfung? Im Jetzt der Serienhandlung macht Barbarenkönigin Britt ihre Hilfe vom Ergebnis eines Kampfes abhängig: Aruula gegen ihre Begleiterin, auf Leben und Tod. Diese dramatische Situation tritt angesichts des eigentlichen Fokus’ dieser Geschichte etwas in den Hintergrund. Obwohl hervorragend geschrieben, kann diese Auseinandersetzung nur blass bleiben – und der Impact auf das Gesamtgeschehen ist denn auch kein großer. Kein Spoiler: Bereits in der Ankündigung des nächsten Romans wird klar, dass Aruula sich anderweitig um das Wiedererlangen ihres Lauschsinns kümmern muss, und zwar auf der anderen Seite der Erdkugel. Viel Sprit verflogen für einen immerhin spannenden Roman.

I.R.H zieht mit leichter Hand den "härtesten Mann seiner Zeit" durch den Kakao. Amüsant. Aber dann wird´s nach und nach "brutal, schmutzig, chaotisch, irgendwie kaputter", halt ebenso wie in den Dorian-Hunter-Romanen, nur dass es sich um die Rückschauen aus Haaleys verkorkstes Leben handelt. In ihrer konsequenten und auf Selbsterhaltung ausgelegtem Handeln geht sie über Leichen. Von daher ist ihr Kampf gegen Aruula auch so zu verstehen. Kompromisslos. Auch wenn sie Aruula wiederbeleben kann, dürfte das Verhältnis nachhaltig gestört sein. Top.

Stimmt , die Lassiter-Andeutung am Anfang. Hab ich drüber geschmunzelt, aber auch wieder vergessen , weil ich das nicht so kenne

©2024 Holger Ehrmann für den OMXFC

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